Es gibt Menschen, die gehen arbeiten, um Geld zu verdienen. Und es gibt Menschen, die arbeiten, wodurch sie Geld verdienen. Die beiden Sätze klingen nahezu gleich, aber es handelt sich um zwei grundverschiedene Spezies Mensch. Und wir haben sie alle schon im Alltag, vielleicht auch im Arbeitsumfeld, erlebt.
Ich glaube, es war in einem der Bücher des Leadership-Trainers Boris Grundl, in dem ich den Rat las „und wenn Deine berufliche Tätigkeit im Moment die eines Straßenfegers sein sollte, so hindert Dich das nicht daran, alles zu geben, um der beste Straßenfeger der Welt zu sein“. Die mentale Einstellung zu der ausgeführten Arbeit verändert das Ergebnis der Arbeit und die Wirkung auf die Menschen im Arbeitsumfeld fundamental.
Man schreibt dem chinesischen Lehrmeister Konfuzius die abgedroschene Phrase zu „Liebe, was Du tust, und Du wirst niemals mehr in Deinem Leben arbeiten.“ Im ersten Moment klingt diese Weisheit einleuchtend, doch sie stammt aus einer anderen Welt und benötigt in unserer Gesellschaft nicht gegebene Voraussetzungen. Denn ein Faktor fehlt in der Aussage des Philosophen aus der vorchristlichen Zeit : der schnöde Mammon, das zum Leben erforderliche Kapital. Ohne Moos nix los.
Eine Gesellschaftsform, in der sich jeder Mensch nach seinen persönlichen Neigungen und Fähigkeiten einbringt und man nur noch frei gewählte Koordinatoren darüber setzen muss, die all diese Potenziale so verteilen, dass sie zum Wohl aller zur Verfügung stehen, ist pure Utopie. Man braucht sich ja nur allein anzusehen, wie schwer sich angeblich fortschrittliche Gesellschaften mit ausreichend Ressourcen für solch ein Projekt, mit dem banalen Thema eines bedingungslosen Grundeinkommens tun. Geld zu bekommen, ohne sich dafür krumm zu arbeiten, ist ein völliges No-Go in einer von Grund auf kapitalistisch geprägten Welt.
Die Jahre der Corona-Pandemie haben es nur zu gut offenbart, wie groß das noch vorhandene Interesse der Menschen an Kunst und Kultur doch ist. Wirkende dieser Branchen waren die ersten, die hinten heruntergefallen sind. Reihenweise haben Bühnentechniker ihr Beleuchtungs-Equipment und Alleinunterhalter ihre Gitarre verkauft, um den Lebensunterhalt zu sichern. Und sind letzten Endes dann doch bei einem der großen Internet-Versandhäuser als unterbezahlter Auslieferungsfahrer gelandet, weil sich von Luft und seitens nicht mehr vorhandenem Publikum gegebener Liebe nicht leben lässt.
Kinder, die sich dem Ende ihrer Schullaufbahn nähern, stehen der Frage gegenüber, womit sie den Inhalt ihres weiteren Lebens füllen möchten. Dank der immer weiter auseinanderklaffenden Schere zwischen Betuchten und Zurückgelassenen, können sich einige Kinder mit der Wahl ein bisschen mehr Zeit lassen, während andere schlichtweg überhaupt gar nicht erst eine Wahl haben. Aber in letzter Konsequenz gilt für nahezu alle der gleiche Maßstab zur Auswahl des Lebenswegs: Womit kann ich Geld verdienen??
Liebe zur Arbeit? Finden persönlicher Neigungen? Lachplatte. Zaster muss in die Kiste.
Und so kommt es, dass sich zwei Sorten von Menschen herausbilden. Die einen arrangieren sich mit dem Tagwerk, dem sie nachgehen, und machen das Beste daraus. Die anderen quälen sich durchs Arbeitsleben und halten sich nur durch die Sehnsucht nach dem kommenden Feierabend, dem Wochenende, dem nächsten Urlaub aufrecht. Die ausgeführte Tätigkeit spielt dabei keine Rolle. Ich habe ausländische Regalauffüller im Supermarkt kennengelernt, denen ein professionellerer Job verwehrt bleibt, weil man in unserem Land weder ihr absolviertes Studium noch die geleistete Berufserfahrung anerkennt. Trotzdem lächelten sie und positionierten jede Dose im Regal mit dem Etikett nach vorne und dem gleichen Abstand zur nächsten Dose, als ginge es darum, ein Kunstwerk zu vollbringen. Und ich habe Verwaltungskräfte kennenlernen dürfen, die Kraft Zeitablauf immer weiter befördert wurden, ein wahrlich stattliches Einkommen nach Hause bringen, und dennoch jeden Kunden behandeln, als seien es Stechmücken, die vorm Einschlafen stören. Ich bin absolut sicher, jeder kennt Exemplare beider Sorten.
Vor genau dieser Misere stehen nun heutzutage auch die Führungskräfte. Sie sollen motivieren, doch das geht nur bei Mitarbeitenden. Bei Menschen, die mitdenken und das zu erreichende Ziel mitverfolgen. Solche Arbeitskräfte kann man „führen“, mit solchen Arbeitskräften kann man Berge versetzen.
Sobald sich jedoch einmal ein gewisser Anteil an reinen Ausführern in den Abteilungskreis eingeschlichen hat, wird es schwierig. Menschen, die den Begriff „Arbeit-Nehmer“ wörtlich umsetzen und ihre Leistung darauf beschränken, rein nur die ihnen explizit und unter Anleitung übertragenen Aufgaben abzuwickeln, müssen getrieben werden und nicht geführt. Führen kann man nur Menschen, die bereitwillig hinter der führenden Person herkommen. Leute, die stehen bleiben, sobald der extern zugeführte Antrieb nachlässt, sind nicht führbar.
Nun erwartet man von Führungskräften, dass sie die Fähigkeit besitzen, als Motivator aufzutreten. Doch Naturtalente auf diesem Gebiet sind selten geworden. Und die Zeiten, in denen Personen der kapazitätsmäßige Freiraum gelassen wurde, sich in notwendiger Weise fortzubilden, sind auch lange schon vorbei. Zumal nicht selten ausgerechnet auch noch Vertreter der rein ausführenden Sorte in untere Führungspositionen rutschen und somit zum regelrechten Bremsklotz in der Kette mutieren.
Der heutige Arbeitnehmermarkt verschärft das Problem zudem noch. Häufig werden vakante Arbeitsplätze nicht mehr an den besten Kandidaten vergeben, sondern aus der Not geboren an den einzigen verfügbaren. Was im Laufe der Zeit dazu führt, dass den Führungskräften noch mehr Kapazität geraubt wird, weil sie sich vollkommen aufs Antreiben des unmotivierten Personals konzentrieren und teilweise darüber hinaus auch noch verschiedene Arbeiten selbst erledigen müssen.
Einen Nebeneffekt davon kennt man aus dem privaten Familienleben. Wenn sich die Eltern ununterbrochen um den missratenen Sohn kümmern, der schon wieder in der Schule eine Scheibe eingeschlagen und im Supermarkt Süßigkeiten geklaut hat, aufmüpfig gegenüber den Großeltern ist und ständig so schlechte Noten generiert, dass seine Versetzung gefährdet ist, entgleitet im Laufe der Zeit die eigentlich wohlerzogene und disziplinierte Tochter in ein Leben als Vamp. Von den Eltern kommt ja das klare Signal, dass brave Leistung und Regelbefolgung nur zu Missachtung führt. Genauso stellen irgendwann die Führungskräfte fest, dermaßen viel Aufmerksamkeit in das schwierige Personal investiert zu haben, dass ihnen das gute Personal wegläuft.
Dieses durch frustrierende Erfahrungen geprägte Personal trägt ein enormes Potenzial in sich, welches ungenutzt verpufft, wenn ein Arbeitgeber nach dem nächsten die gleichen Rahmenbedingungen bietet. Es steht zu befürchten, dass viele Unternehmen noch lange brauchen, um die Problematik zu erkennen und beginnen, eine wirklich veränderte Arbeitswelt zu generieren, in der Berufstätige eine echte Chance haben, ein zur persönlichen Neigung passendes Aufgabenfeld zu finden.
Diesen Prozess kann man beschleunigen, wenn es zu einer Art Graswurzel-Bewegung kommt. Unternehmen sind auf Mitarbeitende angewiesen. Eine Transformation hin zu einem veränderten Miteinander zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss nicht zwingend von „oben“ angestoßen werden, sondern kann sich genauso gut vonseiten der verfügbaren Arbeitskräfte her entwickeln. Ein Ansatz dazu kann eine Abkehr vom festen Angestelltenverhältnis sein, hin zur Beschäftigung von selbstständig Tätigen.
„Geh nicht immer auf dem vorgezeichneten Weg, der nur dahin führt, wo andere bereits gegangen sind.“
Alexander Graham Bell (genialer, wenngleich auch etwas umnachteter Erfinder) 1847-1922
Genau das ist einer der Gründe, weshalb sich die ahten consult GmbH der Förderung von Existenzgründern verschrieben hat. Ein Mensch, der an seine eigenen Fähigkeiten glaubt, der das Selbstbewusstsein aufbringt, seinen eigenen Arbeitsweg gestalten zu wollen, der ein Ziel vor Augen hat und einen Plan, wie er dieses Ziel erreicht, solch eine Person weiß, wie man MIT-arbeitet, statt nur auszuführen. Vor allen Dingen hat solch eine Person weit eher die Möglichkeit, im eigenen beruflichen Vorwärtskommen Kurskorrekturen vorzunehmen. Während ein Angestellter mit häufig wechselndem Arbeitsplatz schnell als Job-Hopper negativ bewertet wird, gilt bei einem Selbstständigen eine vielfältige Einsatzbreite als Garant für vorhandene Erfahrung. Natürlich sind beides ziemlich unangebrachte Vorurteile, doch das ändert nichts an den sich daraus ergebenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Das Lohn-Arbeits-System ist ein Produkt aus der industriellen Revolution, damals geboren als logische Verlängerung des zuvor noch in vielen Köpfen der Menschen verankerten Knechtschaftssystem der Feudalgesellschaft. Es war leicht umzusetzen, weil es gewohnte Rahmenbedingungen schuf, die sich gleichzeitig wie ein Gewinn von Freiheit anfühlten. Und tatsächlich führte der Systemwandel im Laufe der letzten fast drei Jahrhunderte zu einem enormen Wohlstandswachstum. Jedoch war dies ein Gewinn an Wohlstand, der mit erheblichen Kollateralschäden einherging. Neben der begonnenen Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen auf diesem Planeten hielten auch soziale Ungleichheiten und verschiedene nie zuvor gekannte Krankheitsbilder, von massenhafter Adiposität bis Depression, Einzug in die Gesellschaften. Die Menschheit steht längst an der Stufe zur nächsten, der digitalen Revolution.
Eine neuerliche Veränderung mit globalen Auswirkungen. Zu meistern wird diese Umwälzung nur sein, wenn sich möglichst viele auf uralte Werte, wie Gemeinschaftssinn und Selbstverantwortung besinnen. Werte, die ein perfektes Fundament für den Start in die Selbstständigkeit darstellen. Werte, die wir als Gesellschaft beginnen müssen zu fördern.
Wäre ein Motivationsgewinn bei der Arbeit nicht einen Versuch wert?
Clark,
im Oktober 2023
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Bildnachweis > Clark Ahten