Das Zeitalter der Kommunikationsdefizite erreicht seinen Höhepunkt. Es besteht ein völliges Überangebot an Informationen, aber dennoch weiß niemand wirklich etwas Genaues. Die Blütezeit von Fake News und allem, was man unter „Glauben“ subsummiert. Dieses Problem können wir tagtäglich in den Nachrichten verfolgen. Aber es steckt auch in vielen Unternehmen, direkt vor der eigenen Nase, am eigenen Arbeitsplatz.
Sobald ein Mensch eine Führungsrolle übernimmt, steht er vor der Herausforderung, kommunizieren zu müssen. Es gibt Vorgesetzte, die ein Ziel erreichen wollen. Und es gibt Untergebene, die Anweisungen erwarten, was zu tun ist. Eine einfache Ausgangslage mit viel Konfliktpotential.
Das Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahrzehnte brachte eine Konzentration auf maximale Effizienz aller Prozesse mit sich. Alles musste schneller gehen. Leerläufe mussten lokalisiert und ausgemerzt werden. Das Potential jeder Maschine und jedes Menschen musste vollständig genutzt werden. Genau aus diesem Denken heraus wurden alle heute angewendeten Management-Methoden entwickelt.
Der perfekte Manager handelt fokussiert und kommuniziert konzentriert. Er bringt weiterzugebende Informationen auf den Punkt. Der Informationsempfänger soll nicht mit einzelnen Daten überfrachtet werden, es reicht, wenn sich das umfassende Wissen bei den Vorgesetzten bündelt. Weitergegeben werden nur Handlungsanweisungen in Stichpunkten, neudeutsch gerne Bullet Points genannt.
Nun ist ein Bullet eigentlich eine Gewehrkugel, ein Geschoss. Und genauso kriegerisch kommen solche Informationsfetzen heutzutage dann auch an. Und sorgen auf weiter Flur für mehr Frustration und Demotivation, als es der Erreichung irgendeines Unternehmensziels guttut.
„In einer Fünftelsekunde kannst du eine Botschaft rund um die Welt senden. Aber es kann Jahre dauern, bis sie von der Außenseite eines Menschenschädels nach innen dringt.“
Charles F. Kettering, Erfinder des elektrischen Autoanlassers, Wissenschaftler und Philosoph (1876-1958)
Der Gedanke hinter dem fragmentierten Kommunikationsstil resultiert noch aus einer Zeit der breit gefächerten Allgemeinbildung bei jedermann. Leider ist die Weiterentwicklung zu Fachspezialisten an den meisten Führungskräften vorübergegangen. In den goldenen 70ern und 80ern begann noch ein Trend zu einem sich aufblähenden Mittelmanagement in den Unternehmen, da hier die Gruppen- und Abteilungsleiter diese Spezialisierung mitmachten. Doch spätestens mit dem zum Jahrtausendwechsel allgegenwärtig einsetzenden Kostendruck wurde dieser vermeintliche Wasserkopf abgeschafft.
Geblieben sind auf der einen Seite auf Informationen und klare Anweisungen angewiesene Mitarbeiter. Und auf der anderen Seite grenzwertig ausgelastete Manager mit teilweise ungenügender Qualifikation in Sachen Verständigung.
Es ist daher dringend notwendig, von der Kommunikation in Stichworten abzukommen. Kehren wir zurück zum Informationsaustausch in vollständigen Sätzen. Es mag den einen oder anderen Mitarbeiter geben, der mit dem Lesen von etwas Prosa überfordert ist. Aber ganz ehrlich, meistens bestehen hier dann auch noch darüber hinausgehende Defizite, bei denen eher ein Gedanke angebracht wäre, ob eine Tätigkeit in der Verwaltung für solche Mitarbeiter die Richtige ist.
Bei den meisten Menschen besteht eher ein Hunger nach Wissen, als denn eine Abneigung gegenüber geschriebenem Text. Im Zweifel bieten die modernen Medien ja auch mit Bild und Ton noch viele weitere Ausdrucksmöglichkeiten, als denn nur das getippte Wort.
Nebenbei bringt ein ausformuliertes Darstellen von Handlungsanweisungen auch noch den Vorteil mit sich, dass der Vorgesetzte sich im Detail mit dem auseinandersetzen muss, was er von den ihm anvertrauten Arbeitskräften verlangt. Manch ein Entscheider ist sich über die Konsequenzen seiner kurz runtergeschriebenen Bullet Points gar nicht bewusst. Und schon gar nicht über das häufig in ihnen steckende Potential für Missverständnisse, aus denen dann wiederum Mehrarbeit, Rückfragen und Zeitverlust entsteht. Genau das, was eigentlich mit dem abgemagerten Kommunikationsstil vermieden werden sollte.
Gibt es eine perfekte Lösung für diese Herausforderung? Wie sollte die Kommunikation zwischen Management und Ausführenden erfolgen? Kurz und knackig? Oder ausführlich mit Hintergrunderläuterungen?
Clark,
im August 2023
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Bildnachweis > Clark Ahten